Anliegen:

S. (21 Jahre alt) kann sich nicht von ihrem Freund lösen, der sich vor 5 Monaten umbrachte. Sie ist noch so davon betroffen, daß sie sich kaum auf ihre Prüfung vorbereiten kann.

 

Anamnese:

S. hat vor 1 1/2 Jahren hat ihren Freund T. kennen gelernt.
T. hat sich 08/2007, mit 23 Jahren, das Leben genommen.
Er war seit dem 14. Lebensjahr manisch depressiv.

Die Mutter von T. war mit T. schwanger, als ihre Mutter einen tödlichen Verkehrsunfall hatte.
T. hat immer einen Gürtel, mit einer Tasche seiner Oma, getragen.

Aufstellung:

S. stellt sich ca. 2m entfernt seitlich von T. auf. Ihr Selbst stellt sie ca. 1m entfernt schräg hinter sich.
Der Leiter stellt in Blickrichtung von T. dessen verunglückte Oma auf.

Gefühle der Stellvertreter:

S. ist ganz bei T., ihr Selbst nimmt sie nicht wahr.
T. ist sehr traurig, will zur Oma, kniet neben ihr nieder, dann geht es ihm besser.it S., das tut ihm sehr leid.
Mit Oma, das tut ihm sehr weh.

Der L. (Leiter) schlägt T. folgende Sätze vor:

T. zur S.:
Ich wusste gar nicht, dass ich so mit meiner Oma verbunden bin und gar nicht bei mir war und nicht richtig für Dich da sein konnte.
Das hat nichts mit Dir zu tun.
Schade

S. stellt sich an den Platz der Oma:
L fragt S.: Kennst Du diesen Platz?
S.: Nein
Leiter zu S.:
Es hätte sein können, daß du für T. den Platz seiner Oma vertreten wolltest, weil er so eine Sehnsucht zu ihr hatte!
L. schlägt folgende Sätze vor:
S. zu T.:
Das ist nicht mein Platz. Ich kann Dir nicht die Oma ersetzen.
Geht wieder an ihren Platz.

Leiter zu S.:
Wenn man sich zu sehr in den anderen hinein versetzt, kann man gar nicht sich selber sein.
S. auf Platz von T.:
Es geht mir nicht gut.

Leiter zu S.:
Kennst Du dieses Gefühl?
S.: Ja.

Leiter zu S.: mein Bild ist, Du steckst in T. drin und T. steckt in Dir drin.
Deshalb kommst du von ihm nicht los!
Das nennt man Verschmelzung.
Wilst Du das lösen?

S. nickt.
Der Leiter führt das “Entschmelzungs-ritual” durch mit Hilfe einer Rahmen-Trommel:

S.:
T., Du bist Du und ich bin ich.
Du hast Dein Schicksal und ich hab mein Schicksal.
Du bist Deinen Weg gegangen und ich gehe meinen Weg.

Leiter zu S.:
Darfst Du so etwas sagen?
S.:
Es fühlt sich schwer an, als wäre es gar nicht erlaubt.
Leiter zu S.:
Manche halten Verschmelzung für selbstlose Liebe und glauben vielleicht, dass Abgrenzung lieblos, egoistisch oder wie Verrat wäre.
Aber Liebe und Verschmelzung sind zweierlei. Liebe heißt, auch in der Beziehung ganz bei sich zu sein, den anderen als eine getrennte, eigenständige Person zu achten und loszulassen zu können. Das ist verbunden mit einem Gefühl von Freiheit. Dann können beide sich verändern und wachsen..
Wiederholung der o.g. Sätze: Du bist Du und ich bin ich …
Diesmal stimmt es.

Da bei einer Verschmelzung der einzelne nicht spüren kann, ob es seine eigene Last ist oder die des anderen, ist meist ein Rückgaberitual mit dem Stein erforderlich.

Leiter:
Der Stein symbolisiert Schicksal, Trauer, Schmerz.
Spüre mal nach, ob du das für T. tragen wolltest und ob du es ihm jetzt zurück geben kannst?
S. nickt.
S. zu T.:
Das ist Dein Schmerz, Deine Trauer, Dein Tod. Vielleicht habe ich da etwas getragen als wär’s meins. Ich gebe es Dir zurück.

Steinübergabe

T. zu S.:
Das gehört zu mir. Ich habe Dir viel zugemutet. Ich konnte nicht anders. Das hat nichts mit Dir zu tun.
S. fühlt sich sehr erleichtert.
Leiter zu S.:
Da gibt es einen Teil von Dir, der sich frei, unbeschwert und lebenslustig fühlt.
Aber du kannst mit diesem Teil nur dann verbunden sein, wenn dein innerer Raum dafür frei ist!
Wenn es keine Grenze gibt zwischen dir und T., dann ist dein innerer Raum von T. besetzt, nicht frei für dein Selbst.
Wenn du mit einem Selbst verbunden sein möchtest, mußt du deine Grenze schützen, auch gegenüber T.!
S. blickt ungläubig.

L.: T. war sicher von seinem Selbst weit entfernt! – L. stellt zu T. dessen Selbst.

Du kannst T. nicht sein Selbst ersetzen und er kann dir nicht dein Selbst ersetzen! Sein Selbst tut ihm sehr gut. Er sieht viel glücklicher aus.

 

Anäherung an das Selbst

Leiter zu S.:
Hast Du das Gefühl, Du kannst das? Kennst Du diesen Teil, der sich frei und unbeschwert fühlt? Möchtest Du ihn mal spüren?
S.: Ja
Leiter zum Selbst:
Darf Sie dich spüren?
Selbst von S.: Ja
S. umarmt bewegt ihr Selbst.

Leiter zu S.:
Hast Du das Gefühl, dass noch ein Teil Deiner Energie bei Tobias geblieben ist?
Möchtest Du diese Energie gern zurückhaben?
Spür mal, ob Dein Selbst dir diese Energie zurückatmen kann.
Das Selbst atmet die Energie zu S. zurück.

L.: Du könntest T. mal Dein Selbst zeigen.
T., das ist mein Selbst. Der Teil von mir, der sich frei und unbeschwert fühlt und ab heute steh ich dazu, ob’s den anderen passt oder nicht.

T. und S. fühlen sich gut.

Abgrenzungsritual
Leiter: Anscheinend gab es zwischen dir und T. keine Grenze! Wenn du überhaupt einen eigenen inneren Raum hattest, war er belegt von T. Für dein Selbst gab es keinen Raum. Du kannst nur mit deinem Selbst verbunden bleiben, wenn du seinen inneren Raum frei hältst, wenn du deine Grenze schützst, sogar gegenüber T.!
S. blickt nachdenklich.
L.: darfst du deine Grenze sogar gegenüber T. schützen?
S. : nickt nach einigem Zögern.
L. fragt T. , ob er “testen” kann, ob S. ihre Grenze schützt, indem er ihre Grenze überschreitet.
T. nickt, schaut zu S. und geht auf sie zu.
S. gelingt es – nach einigem Zögern – T. mit voller Kraft und Entschiedenheit zurück zu drängen.
T. ist überrascht von ihrer Kraft, blickt voller Anerkennung und Stolz auf sie.
Leiter zu S.:
Kannst Du T. jetzt loslassen?
Silke: Ja
T., wenn ich Dich durch meine Trauer festgehalten hab, dann lass ich Dich jetzt los.
Du bist jetzt frei, dahin zu gehen, wo es keinen Schmerz mehr gibt, nur Liebe und Licht.
Wo wir alle herkommen und wo wir alle einmal hingehen.

Leiter zu S.:
Magst Du T. noch mal drücken?
S.: Ja
Magst Du ihm gute Reise wünschen?
S.: Ja
S. und T. umarmen und bedanken sich beieinander.

L.: Magst Du seinen Segen haben?
Silke: Ja
T. gibt S. seinen Segen: Lebe Dein eigenes Leben

Leiter zu S.:
Das ist der Abschied. Jetzt erst kann Schmerz und Trauer fließen. Dann kann die Wunde heilen.

 

RÜCKMELDUNG S.:
Lieber Robert

Ich möchte mich noch einmal von Herzen für die Stunde bei dir bedanken!
Die Woche danach war ich sehr erschöpft und es kamen wieder sehr viele Erinnerungen an T. Dann ging es auch schon mit dem Lernen für meine Prüfungen im Studium los. Schon während dem Lernen habe ich gemerkt, dass ich sehr ruhig innerlich bin und als ich mal wieder Probleme mit der Konzentration hatte und nur an T. dachte, da hab ich mich einfach daran erinnert, dass er jetzt im Licht ist und seinen Seelenfrieden gefunden hat. Die Therapie bei dir war sehr heilvoll für mich und auch für T. Kommende Woche werde ich mich mit seiner Mama treffen und ihr von dir erzählen, ich glaube, das wäre auch genau das richtige für sie.

Seit ich bei dir war, das ist ganz komisch, kann ich wieder richtig weinen. Ich hab seit T.´s Trauerfeier irgendwie nie richtig weinen können. Es ging einfach nicht. Und jetzt bin ich irgendwie so weich… aber das ist sehr gut. Ich hab das Gefühl dass alles “rausgeschwemmt” wird.

Was auch sehr schön ist: Ich hatte immer nur schlechte, quälende Erinnerungen an T. Und nun kommen die ganzen schönen Geschichten und Momente, die wir gemeinsam erlebt haben, das tut sehr gut.

Du merkst, es arbeitet noch sehr in mir.

Mit meinem Selbst bin ich aber glaub noch nicht so im Reinen, irgendwie habe ich auch gleich nach der Therapie das Gefühl gehabt, dass ich noch einmal kommen werde. Vielleicht ja sogar mit T.´s Mama.

Viele liebe Grüße und herzlichen Dank, S.