INSTITUT SYSTEMISCHE SELBST-INTEGRATION LANGLOTZ-KUTZELMANN

  • Im Leben den eigenen Hut aufsetzen – Das Trennen der Perspektiven in der Systemischen Selbstintegration.
  • AUFSTELLUNGSTAG 28.6.25 „Wenn ein Kind Probleme macht.“


Liebe Freunde,
liebe Kolleg*innen,

zunächst erinnere ich an den Aufstellungstag 28.6.25

„Wenn ein Kind Probleme macht.“

Es gibt noch einen freien Aufstellungsplatz!
Mehr dazu unter https://youtu.be/P0WihdB9wvg

Jetzt bitte ich Philipp Kutzelmann, das von ihm entdeckte neue Element unseres Konzeptes vorzustellen:

Dem Leben den eigenen Hut aufsetzen – Das Trennen der Perspektiven in der Systemischen Selbstintegration

Viele Menschen müssen schon sehr früh lernen, sich für ihr eigenes Überleben an der Lebensperspektive Anderer – Eltern, Familie, Kultur etc. – zu orientieren. Bis zu einem gewissen Grad ist das bei allen Menschen der Fall, doch wird diese „Ausrichtung am Fremden“ zu dominant bring sie verschiedene charakteristische Probleme mit sich, die fortan das Leben der Betroffenen bestimmen:
Zum einen lernen sie, nur das von sich zu zeigen, was im Rahmen der Perspektive des Gegenübers „zulässig“ oder „erwünscht ist. Jene Verhaltensweisen und Charakterzüge, die in der Perspektive des Gegenübers „erwünscht“ sind, werden dann oft – von Anderen und von den Betroffenen selbst – gelobt, bestärkt und überhöht und zum Zentrum der eigenen Identität gemacht. Alles, was dagegen nicht in die Perspektive des Gegenübers passt, wird zensiert, unterdrückt und – subtil oder weniger subtil – abgelehnt. Das macht sie Abhängig von der Zustimmung des Gegenübers und damit auch offen für Manipulation oder Gaslighting.
Zum anderen ist die Kraft und Aufmerksamkeit der Betroffenen mehr bei anderen und/oder der Vergangenheit gebunden und kann nicht in der für das eigene Aufgewendet werden. Das führt dazu, dass die eigene Lebendigkeit immer beim Gegenüber gebunden bleibt und es führt auch dazu, dass eigen Ziel, Wert und Orientierungen nur schwach oder gar nicht entwickelt werden können. Anders formuliert: Die Betroffenen sind es gewohnt, ihre ganze Energie dafür aufzubrauchen, um die Blumen in fremden Gärten zu gießen und leiden dann unter der Tatsache, dass im eigenen Garten nichts wächst oder ihnen die Energie fehlt, um einen eigenen Garten zu kultivieren.
Zudem ist dieses Phänomen oft mit einer subtilen Loyalität – einer illusionären Liebe – verbunden, welche die Betroffen dazu bringt, ihr eigenes Leben – bewusst oder unbewusst – ganz an einer fremden Lebensperspektive auszurichten. Mit der Folge, dass die eigene Perspektive nicht nur blockiert ist, sondern bis zu einem gewissen Grad noch unbekannt bleibt – bekannt und bestimmend ist nur die Lebensperspektive der anderen.

Im Rahmen einer Aufstellung mit Klötzchen lässt sich diese Problematik auf recht einfache Art und Weise symbolisieren und überprüfen, indem man ein Symbol für die „eigene Perspektive“ und für die „Perspektive des Gegenübers“ – in der Regel ein Elternteil, nahe Bezugsperson oder Partner – einführt.

Diese Symbole – gehen wir hier mal von einem kleinen Halbkreis für die „Perspektive der Klientin“ und einem kleinen Dreieck für die „Perspektive des Gegenübers aus – lassen sich auf den Symbolen, die in der Aufstellung für die Klientin und das Beziehungsgegenüber stehen, positionieren. Durch diese Symbolisierung hat jeder seinen „eigenen Hut“ auf und kann sich nach seiner eigenen Perspektive orientieren. Dann lässt sich überprüfen, wie bekannt es für die Klientin ist, wenn sie ihren „eigenen Hut absetzt“ und ihn durch einen „fremden Hut“ ersetzt, indem sie den Halbkreis von ihren Figuren entfernt und das Dreieck des Gegenübers – z.B. der Mutter – auf ihren Figuren platziert.

Für viele Klientinnen erzeugt das eine Empfindung, die ihnen aus dem eigenen Leben sehr bekannt ist, ohne dass sie hätten beschreiben können, was es genau ist, das sie belastet. Durch diese einfache symbolische Intervention können sie sich bewusst machen, dass sie bisher dazu verdammt waren, sich automatisch mehr an einer fremden Perspektive zu orientieren. Anstatt dem eigenen Kompass zu folgen sind sie mit schlafwandlerischer Sicherheit einem fremden Kompass gefolgt. Mit dem Ergebnis immer wieder an Orten zu landen, zu denen man eigentlich nie wollte. Das lässt sich dann im symbolischen Rahmen der Aufstellung nicht nur bewusst machen, sondern auch direkt verändern, indem sie den „fremden Hut“ abnehmen und ihn aus ihrem Raum entfernen und ihn bewusst durch den „eigenen Hut“ ersetzen.

Wie sich gezeigt hat ist dieses „Trennen der Perspektive“ im Rahmen der Aufstellung besonders für die gelungene Abgrenzung und Gegenabgrenzung von großer Bedeutung. Aktive Abgrenzung hat im Kern immer zwei Aspekte: das „Abgrenzen von“ bei dem wir klar erkennen, was wir zurückweisen müssen und wovor es sich zu schützen gilt, und das „Abgrenzen für“ wobei wir die Dinge in den Blick bekommen, die uns wertvoll sind und die unsere Aufmerksamkeit brauchen – unsere eigene Lebensperspektive.
Menschen, die sich mehr an der Perspektive der anderen orientieren und nicht gelernt haben, eine eigene Perspektive zu entwickeln, neigen dazu, Abgrenzung nur als eine „Abgrenzung von“ zu verstehen und zu erleben. Das Schützen ihres eigenen Raumes wird dann zu einem ständigen Kampf gegen Andere und/oder die Vergangenheit oder gegen die Dinge, die sie nicht länger in ihrem Leben haben wollen. Dieser Kampf schafft zwar ein wenig Distanz, er bindet aber auch auf subtile Art und Weise an das Gegenüber oder die Dinge, die man nicht in seinem Leben haben möchte, da man immer von einer „Negativfolie“ abhängig ist, um für sich selbst eine Ausrichtung zu finden. Ist einem dagegen bewusst, „wofür“ man sich eigentlich abgrenzt, dann ist die Kraft nicht länger bei anderen gebunden. Der Kraftaufwand für die Abgrenzung wird „ökonomischer“, da der Schutz des eigenen Raumes nicht länger einen Selbstzweck darstellt, sondern im Dienst eines größeren „Projekts“ steht – der Ausrichtung und Verwirklichung der eigenen Ziele, Bedürfnisse und Werte. Die Kraft bleibt nicht länger in einem sinnlosen Kampf gebunden, sondern darf zu den Dingen fließen, die genährt werden wollen und die aktuell im Hier und Jetzt Aufmerksamkeit benötigen. Zudem verringert sich auch bei der Gegenabgrenzung das Bedürfnis immer wieder in fremde Räume eindringen zu müssen, da deutlich wird, dass es dort nichts zu holen gibt. Der Weg in den fremden Raum entpuppt sich als Holzweg, der einen nur davon abhält, einem eigenen Pfad zu folgen.
Interessant ist auch, dass ich häufig die Rückmeldung bekomme, dass die KlientInnen das Gefühl haben, dass das Hinzunehmen eines Symbols für die eigene Lebensperspektive eine stärkere gespürte Verbindung zwischen ihren drei Selbstanteilen – Fokus, kindlich vitales Selbst und Selbst – erzeugt. Die eigene Lebensperspektive scheint damit als eine Art notwendiges Gegenprogramm zu den bisherigen magisch-grandiosen und selbstabwertenden Überlebensstrategien der Klientin zu fungieren, die zwar auch einen Zusammenhalt zwischen den Selbstanteilen schaffen, aber stets dadurch, dass sie sie Selbstanteile voneinander isolieren, um die Belastung durch die Vergangenheit zu regulieren und zu kompensieren. Das Entdecken der eigenen Lebensperspektive macht es somit möglich, als Überlebensmuster loszulassen und sie durch neue – einfacher, schönere – Lebensmuster zu ersetzen.

Kommentar Ero

Danke Phil für diese entscheidende Bereicherung unseres Konzeptes. Bisher ging ich von meiner Beobachtung aus, dass Selbstverbindung NUR im „eigenen Raum“ möglich ist. Daraus ergab sich die Strategie, den eigenen Raum FREI zu machen durch Abgrenzung und Entfernung alles Fremden. Das war ja nicht falsch und ermöglichte daher auch in vielen Fällen eine nachhaltige Lösung.
Es gab jedoch immer wieder einzelne, besonders belastete Klienten, die nach so einer Aufstellung noch nicht (ganz) befreit waren. Sie befanden sich in einer Pattsituation: sie konnten sich zwar von fremden Elementen abgrenzen-bis zur Überabgrenzung. Aber da sie anscheinend unbewusst noch durch „Loyalität“ gebunden waren an die belastete Bezugsperson, fühlten sie sich nicht befreit, sondern zerrissen. Diese „Loyalitätsfalle“ können sie jetzt elegant lösen, wenn sie der unbewusst („aus Liebe“) übernommene Lebensperspektive der Bezugsperson die eigene Lebensperspektive gegenüberstellen. Dadurch wird ihnen -vielleicht zum ersten male – bewusst, dass sie überhaupt eine eigene Lebensperspektive besitzen, und mehr noch, dass sie damit die „Lizenz“ haben, ihr Leben selbstbestimmt zu leben, die Lizenz, ihre eigenen Gefühle spüren zu dürfen UND ihre natürliche Intelligenz für dich zu nutzen!
Das kann mit einem Schlag alles ändern: die bisher „versprengten“ Selbstanteile finden sich, wie von selbst, unter dem Symbol (dem „Dach“) der eigenen Lebensperspektive zusammen. Sobald die „innere Mitte“ wieder vom Selbst eingenommen wird, öffnet sich die – bisher blockierte – Wahrnehmung für den eigenen Raum, mit Grenzen zum Gegenüber.
Hier eine Aufstellung, bei der ich dies Element verwende:
https://youtu.be/Y7Eq6MVbCkU
Es wird spannend, zu erfahren, wie sich unsere bisherigen etwas komplexen Lösungs-Choreografien dadurch verändern werden.
Die Entwicklung unseres Konzeptes ist noch nicht abgeschlossen. „Die Quelle ist noch nicht versiegt!“

TERMINE

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Wir grüssen euch herzlich!

Ero und Phil

(versendet: 27.06.2025)